Kultur

Die Kultur Kambodschas beruht weitestgehend auf jener des antiken Khmer-Reichs. Architektur und Ikonografie, aber auch Tanz und Literatur zeigen den starken indischen Einfluss in der damaligen Zeit. Den modernen Khmer dient sie der nationalen Identifikation und als Aushängeschild für den Tourismus. So ist die Pflege der traditionellen Kultur in Kambodscha von großer Wichtigkeit und richtet sich vor allem auf die Tempelanlagen von Angkor aus. Auch Musik, traditionelle Tänze und Schattenspiele zeugen von der frühen Ausprägung einer eigenständigen Kultur, die bis heute teilweise in ihrer ursprünglichen Form gepflegt wird und auch als Grundlage für neue Entwicklungen dient. Seit 1979 gibt es eine Wiederbelebung in der Kunst. Monumente und Stupas werden mit staatlichen Mitteln restauriert, ländliche buddhistische Tempel (Wat) auch mit lokalen Spenden. Die zwei Schulen für Kunst in Phnom Penh sind wieder offen und werden rege besucht. Das Nationalmuseum zeigt viele Kunstwerke, die der Zerstörung durch die Roten Khmer entgingen.

Khmer-Literatur

Die traditionelle Khmer-Literatur vereinigt Unterhaltung mit erzieherischen Inhalten. Das bekannteste Werk früher kambodschanischer Literatur ist das Reamker, eine lokale Adaption des indischen Epos Ramayana. Das Reamker wirkt sich bis heute prägend auf neue musikalische, choreografische und theatralische Entwicklungen aus.[5] Ein weiterer Text aus der Zeit des Khmer-Reiches ist das Gedicht von Angkor Wat, das in die Wände des Tempels geschrieben wurde. Eine historische Rolle spielt auch die religiöse Literatur, die sich von den Niederschriften der Regeln des in Südostasien vorherrschenden Theravada-Buddhismus ableitet und Gläubige anleitet.

Klassische Khmer-Architektur

Die Wurzeln der klassischen Khmer-Architektur finden sich in den Reichen von Funan und Chenla. Sie wiesen einen starken indischen Einfluss auf. In Funan wurden die Gebäude hauptsächlich aus Holz errichtet, weshalb kaum Überreste vorhanden sind. Chenla übernahm die indianisierte Kunst und Architektur Funans und entwickelte sie weiter. Ab dem 7. Jahrhundert wurden Gebäude aus Ziegeln und Stein errichtet. Typische Relikte aus dieser Zeit sind Prasats, vier- oder achteckige Ziegeltürme mit Kraggewölben und einem Schrein auf einem Podest, das aus Etagen bestand, die nach oben ansteigend kleiner wurden.

Skulpturen

Aus der Funan-Zeit sind wenige Artefakte verblieben, lediglich vier Inschriften auf Stelen, sowie einige Kunstwerke aus dem 6. Jahrhundert, die vor allem Vishnu mit einheimischen Gesichtern darstellen. Auch in den Statuen aus Chenla erkennt man im Stil den indischen Einfluss. Als Materialien wurden Stein und Bronze verwendet. Die Skulpturen aus frühen Tempeln in Angkor waren relativ steif und flach, dienten aber als Basis für die späteren ausgeschmückten Basreliefs. Das Behauen von Türstürzen war in jener frühen Phase eine wichtige Kunst. Wie die Basisreliefs erzählen ausgearbeitete Giebeldreiecke aus dem Ramayana und anderen indischen Epen, teilweise auch vom Alltagsleben. Auch in dieser Zeit wurden Stein und Bronze als Materialien verwendet. Die postangkorianische Periode wird durch anspruchsvoll gestaltete und dekorierte Holzstatuen geprägt, von denen aus klimatischen Gründen wenig erhalten ist. Die heutige bildende Kunst orientiert sich noch immer stark an der Blütezeit des Khmer-Reichs.

Theater

Der Ursprung des kambodschanischen Theaters liegt im 6. Jahrhundert. Gezeigt werden Szenen aus dem Reamker, regionalen Legenden, indischen und Epen aus dem Theravada-Buddhismus. Die Theater bedienen sich kunstvoller Masken und Kostüme und sind nach den Schauspielern in Männer- und Frauentheater unterteilt. Schauspieler sprechen und singen, dazu kommen ein Erzähler und ein Orchester zur musikalischen Untermalung. Auf dem Lande sind Volkstheater und Schattenspiele als Unterhaltung beliebt. Der Inhalt des Schattenspiels Sbek thom beruht auf Geschichten aus dem Reamker. Die Charaktere sind aus Rindshaut geschnitten, an langen Bambusstangen befestigt und oft bemalt. Das königliche Theater beruht ebenfalls auf dem Reamker. Im Nationaltheater wird nur ein modernes Stück gespielt, nämlich „Die Geschichte des Landes Kambodscha“.


Tanz

In Kambodscha gibt es eine lange Tanztradition. Die Ursprünge des klassischen Tanzes liegen in den heiligen Tänzen der Apsaras, den mythologischen Verführerinnen des alten Khmer-Reichs; möglicherweise gehen sie bis auf Funan zurück. Der Höhepunkt des klassischen Tanzes in der Angkor-Periode stützte sich auf Interpretationen der indischen Epen, insbesondere des Ramayanas – Inhalte waren etwa Prinzessinnen in Not, Kriegshelden, Sklaven, Riesen oder mystische Tiere.

Die Tänze sind sehr symbolisch und einer strengen Ordnung unterworfen. Vorgeführt werden sie zumeist von Frauen, Geschlechtsunterschiede werden mit verschiedenen Kostümen dargestellt. Die Tänzerinnen werden von einem Orchester und einem erzählenden Chor begleitet. Als nationaler Tanz gilt der Lamthon, auch der Apsara-Tanz (Robam Tep Apsara), ein Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelter Stil, der auf der klassischen Khmer-Tradition beruht, ist bekannt.


Musik

Die kambodschanische Musik ist Teil der von Indonesien ausgegangenen „Glockenspiel“-Musikkultur (Verwendung von Xylophonen und Buckelgongs), die im Norden Burma, Thailand, Laos, das westliche Bergland von Vietnam und im Osten am Rand die Philippinen einschließt. Obwohl einige der an Basreliefs von Angkor Wat abgebildeten Musikinstrumente noch heute in der Volksmusik gespielt werden, ist ein indischer Einfluss auf die kambodschanische Musik nicht mehr vorhanden. Nur die alte einsaitige Zither kse diev, die aus einem langen Stab und einer Kalebasse besteht und zur Resonanzverstärkung an die Brust gepresst wird, ist eindeutig indischen Ursprungs. Der chinesische Einfluss beschränkt sich ebenfalls im Wesentlichen auf die Bauform einiger Instrumente. So ist das trapezförmige Hackbrett khim mit 14 dreichörigen Saiten vom chinesischen yangqin abgeleitet und die Langhalslaute chapey dang veng und ihre thailändische Entsprechung krajappi sind wegen ihres annähernd kreisrunden Resonanzkörpers mit einigen ostasiatischen Mondlauten verwandt.